Das Schweigen, das nicht wählt

Schwarz-weißes Porträt einer Frau hinter Gittern, verpixelt und eindringlich, mit dem Schriftzug „WHY?“ in Orange – ein symbolisches Bild für Demokratieverlust und schwindende Rechte.

Das Schweigen, das nicht wählt

Wir haben am Sonntagabend gewählt.
Die Hoffnung war noch da – leise, aber lebendig. Eine kleine Geste, eine staatsbürgerliche Pflicht, aber auch ein Recht.
Ein Recht, das wir Frauen noch nicht allzu lange besitzen. Und das wir allzu oft als selbstverständlich ansehen.

Heute Morgen kam die Bestätigung in den Nachrichten: Mit einer Wahlbeteiligung von rund 20 % wird das Quorum nicht erreicht. Auch diesmal nicht.
Und der Gedanke blieb hängen – zwischen Enttäuschung und Ohnmacht.
Mein Mann sagte: „Ich kann gar nicht anders, als mich enttäuscht und mutlos zu fühlen.“
Und ich fühle genauso.

Wie sind wir so weit gekommen?
Wie kann es sein, dass so viele auf das einzige Mittel direkter Demokratie verzichten, das wir haben?
Ist es Desinteresse, Erschöpfung, Misstrauen?
Oder einfach die fest verankerte Vorstellung, dass es ohnehin nichts ändert?

Ich habe keine Antworten.
Aber heute fühle ich mich ärmer.
Denn wenn wir den Willen zu wählen verlieren, verlieren wir ein Stück unserer Freiheit.
Und die Freiheit vergisst auf Dauer diejenigen, die sie nicht nutzen.

Es ist, als würde man einem Bild die Farbe entziehen – einem Bild, das eigentlich zur Welt sprechen will. Die Form bleibt, aber die Seele verblasst.
Und dieses „WHY?“ – das leise hinter den Gittern schreit – hallt in mir weiter.
Solange wir es ignorieren, bleibt dieses Warum in der Luft. Und mit ihm auch wir.

Über mich – Ich bin Künstlerin und glaube, dass Farbe – wie Freiheit – geschützt werden muss.

Farbdetail der Augen eines weiblichen Ölgemäldes, mit dem überlagerten Text „Die Farbe ist nicht verschwunden. Sie sieht immer noch zu. Sie wartet nur darauf, gesehen zu werden.“ – ein symbolisches Bild für Freiheit und eine Stimme, die noch lebt.
Die Farbe sieht noch zu. Es liegt an uns, sie zu sehen.
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